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Braucht Weimar einen Radentscheid?
Was ist ein Radentscheid und was passiert in Weimar hinsichtlich Radverkehrsinfrastruktur?
Zunächst zu Begrifflichkeit. Radentscheide tauchen in schöner Regelmäßigkeit in meinen Timelines auf (z.B. https://www.radentscheid-frankfurt.de/, https://volksentscheid-fahrrad.de/, https://radentscheid-darmstadt.de/, https://radentscheid-rostock.de/) mit Bitte um Teilnahme an Unterschriftensammlungen. Doch was ist das? Nach meinen Recherchen handelt es sich um Initiativen, die auf kommunaler oder Landesebene mit den Mitteln der Bürgerbeteiligung (Bürgerbegehren, Bürgerentscheid) erreichen wollen, dass Entscheidungen auf die politische Agenda gesetzt werden. Diese Initiativen sind in der Regel parteiunabhängig organisiert, es gibt Maßnahmenkataloge, Ziele etc. (Beispiele für die Formulierung von Zielen siehe Aachen oder Rostock).
Ist das was für Weimar? Was ist eigentlich der Stand in Weimar?
In Weimar gibt es im Rahmen der Lokalen Agenda 21 ein Radverkehrskonzept seit 1997 ergänzt durch einen Grundsatzbeschluss zur Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans 2008 (beschlossen 2009). Im Jahr 2016 gab es ein Bürgerforum zur Aktualisierung der Schwerpunkte und Ziele und zuletzt im Januar 2018 einen einstimmigen Beschluss des Stadtrates zum Radverkehrskonzept.
Da scheint also schon alles in die richtige Richtung zu laufen. Es ist allerdings nicht ganz einfach, sich inhaltlich einen Überblick zu verschaffen. Rund um die Pläne zur Umgestaltung des Sophienstiftsplatzes (Shared Space vs. Ampeln) gab es wieder mehr Beiträge rund um das Thema zu finden.
Wenn ich den Rathauskurier nach den Begriffen Radverkehr oder Fahrrad durchsuche (Suche in PDF-Ausgaben von 2019, 2018 und 2017), dann finden sich diese in 11 von 50 Dateien und dann in drei Kategorien:
- im Bereich aus den Fraktionen bei B90/Die Grünen mit Forderungen oder Berichten zu Anfragen im Stadtrat
- zum Thema Fahrradsicherheit (Forderung nach Beleuchtung, Fahrradmarkierung …)
- zum Thema Stadtradeln
Auf der Website der Stadt finden sich das Radverkehrskonzept und ein paar weitere offizielle Dokumente, aber darüber hinaus keine aktuellen Informationen.
Auf der Website des ADFC-Weimar gibt es eine Meldung von März 2018.
Fahrradklima
Parallel wird vom ADFV alle zwei Jahre im Fahrradklima-Test die Stimmung zum Radfahren via Online-Fragebogen eingeholt. Zahlen für Weimar gibt es aus der Befragung von 2016 (Gesamtbewertung 4.2). Die Ergebnisse der Befragung von 2018 werden für Frühjahr 2019 erwartet.Und nun – Radentscheid?
Ich denke Weimar braucht keinen Radentscheid. Was Weimar braucht ist eine nachvollziehbare Kommunikation mit regelmäßigen Updates. Es kommen ja immer wieder neue Bürger*innen in die Stadt, oder Leute kommen frisch mit dem Thema Radfahren in Berührung (z.B. weil die Kinder in die Schule fahren) oder Leute werden durch FridaysForFuture inspiriert, auf das Fahrrad umzusteigen oder es zumindest häufiger im Alltag zu nutzen. Wer sich dann informieren will hat es nicht leicht, sich auf den aktuellen Stand zu bringen. Und nicht zuletzt ändern sich die Rahmenbedingungen und damit die Bewertung von notwendigen Maßnahmen von Jahr zu Jahr.
Was tun?
- Das Radverkehrskonzept 2030 ist ein 68seitiges eher sperriges Dokument. Es könnte eine knackige Aufbereitung gebrauchen, in der die geplanten Maßnahmen besser erkennbar sind - eventuell Online als Website mit interaktiver Stadtkarte etc.
- Das Radverkehrskonzept 2030 ist ein totes Dokument. Was fehlt ist ein Tracker über Maßnahmen, die schon abgeschlossen sind, Maßnahmen, die gerade in Arbeit sind, Maßnahmen, die in Planung sind (mit Zielzeit) usw. (so etwas wie der SZ-Koalitionstracker könnte helfen, einen schnellen Überblick zu haben)
- Mitmachen.
- Als RadfahrerIn kann jedeR Probleme oder Mängel im Thüringer Radwegenetz online melden - das geht auch in der Radroutenplaner-App.
- Wir können zeigen, dass wir viele sind. Mit Critical-Mass-Veranstaltungen besteht die Chance, dass die Bedürfnisse der Radverkehrsteilnehmer*innen auch mal in der Presse landen (nicht nur als Forderungen nach Helmpflicht …).
… und wir können diejenigen unterstützen, die sowieso Lobbyarbeit „pro Rad“ machen (z.B. ADFC) - oder bei Wahlen prüfen, wer sich für mehr und besseren Radverkehr einsetzt und entsprechend unsere Kreuzchen machen - zum Beispiel am 26. Mai zur Wahl des Stadtrates.
veröffentlicht: Martin Kohlhaas, Montag, 18.03.2019 in Klima, Mobilität · 2 Kommentare
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