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  • Protestieren!

    veröffentlicht: Martin Kohlhaas, Dienstag, 22.01.2019 in Politik · 1 Kommentar

    Protest von Massen beinhaltet auch immer Vielfalt der Einzelmeinungen.

    Im November 2010 schrieb ich im Blogpost Wie protestieren?  „… größer die Masse ist, die Überschneidung mit den eigenen Gedanken und Vorstellungen immer weiter abnimmt. Auch wenn man im Grunde einer Meinung ist, so gibt es doch immer mehr Nuancen und Argumente, denen man sich nicht anschließen kann oder möchte.“

    Da muss ich mich korrigieren bzw. ergänzen. Im letzten Halbjahr war ich auf mehreren Demos. Und ich bin mir sicher, dass ich weder bei „Unteilbar“ (250.000 TeilnehmerInnen), noch bei „Wir für Magdala“ (< 100?), „Kohle stoppen“ (26.000), „Wir haben es satt“ (35.000) mit allen TeilnehmerInnen in allen Punkten einer Meinung wäre.

    Ich bin toleranter geworden und gleichzeitig intoleranter.
    Toleranter gegenüber Vielfalt auf Demos. Ich begegne unterschiedlichsten Meinungen und Haltungen. Manche davon bringen mich zum schmunzeln, manche finde ich bedenklich, aber in der Regel doch immer bedenkenswert. So eine Demo ist bevölkert mit vielen Leuten mit viel mehr Sachwissen und Hintergrundinfo, als ich es habe. Viele Leute sind direkter betroffen als ich, haben also viel berechtigtere Interessen. Ich kann also niemandem seine Meinung absprechen. Ich kann aber durch Anwesenheit Solidarität zeigen.

    Gleichzeitig bin ich intoleranter geworden. Intoleranter gegen Ignoranz. Ignoranz gegen Fakten, gegen Logik, gegen Gewissheiten. Und das bringt mich auf die Straße. Wenn der Politik die wissenschaftliche Sachlage nicht ausreicht (aktuell Scheuer und Tempolimit), um Änderungen zu bewirken, dann müssen diese Änderungen eben durch Proteste wenn nicht erzwungen so wenigstens beschleunigt werden.

    Es ist wichtig, seinen Körper auf die Straße zu bringen. Jede Stimme zählt! Es macht einen Unterschied, ob 10.000 oder 100.000 demonstrieren. Es macht einen Unterschied vor allem auch für die Berichterstattung. Und je größer die Anzahl der Demonstrierenden desto vielfältiger wird das Bild und eventuell vorhandene „Ausreißer“ in Extremhaltungen oder Radikalmeinungen werden in der Masse relativiert. Es ist wichtig, überhaupt zu protestieren!

    Fußball oder Handball mobilisiert Wochenende für Wochenende Tausende in die Stadien und Turnhallen. Für sonstwelche Freizeitaktivitäten nehmen Leute endlose Wege und (für mich nicht nachvollziehbare) Kosten in Kauf. Leute fahren nach Hamburg ins Musical … Aber die Mobilisierung für Demos bleibt schwierig.

    Also mehr direkte Mobilisierung im Bekanntenkreis. Oft höre ich den Satz „Hätte ich das gewusst, wäre ich mitgekommen“. Ich setze vielleicht bei anderen zu viel Informiertheit voraus. Schließe von der eigenen Filterblase auf Andere. Insofern lieber einmal zu viel nachfragen, als zu wenig. Wen es nervt, der kann es ja sagen.

    Die nächste Demo kommt bestimmt - kommt mit!

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