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  • Klimakrise betrifft auch meine Generation

    veröffentlicht: Martin Kohlhaas, Mittwoch, 05.06.2019 in Klima

    Immer mehr nervt mich das Gerede von „den Jugendlichen“, die „in der Zukunft“ ein Problem mit der Klimakrise haben werden, als ob es die die das aussprechen - um die 50jährige - nicht auch beträfe.

    Ich, geboren im Januar 1973, damit 46, kann also behaupten, nicht mehr zu „der Jugend“ zu gehören, bin älter als z.B. Christian Lindner (Jhg. 1979) oder Andreas Scheuer (Jhg. 1974) sowie wenige Wochen jünger als Julia Klöckner (Dez. 1972) … „Unser“ gemeinsamer Erlebenshorizont kann also durchaus als ähnlich angenommen werden.

    Exkurs 1 - Vergangenheit

    Mir sind Erzählungen meiner Großeltern (also ich minus zwei Generationen) präsent, die von einem stark bäuerlich geprägtem Leben hier in Mitteldeutschland handeln. Autos selten, Versorgung im wesentlichen durch Eigenanbau von Lebensmitteln mit eigener Tierhaltung. Reisen/Urlaub - eher unbekannt, wenn dann Bahnfahrt nach Hessen oder ganz exotisch eine Fahrradtour über die Alpen. Die Wohnungen/Bauernhäuser waren eher klein, Toilette als Plumpsklo übern Hof, mehrere Generationen im Haus. Einige dieser Verhältnisse kenne ich noch selbst von Sommerferien als Kind.
    Es ist also dazwischen passiert. Zwischen dem Leben meiner Großeltern und meinem Leben heute, innerhalb von 2 Generationen zu diesem konsumzentrierten, verbrauchsorientierten Überflussgesellschaft. Besser kann man - finde ich - die Hockeyschläger-Diagramme nicht verstehen. Seit dem Ende der DDR 1989 haben auch meine Familie und ich unseren Teil aktiv dazu beigetragen.

    Exkurs 2 - Zukunft

    „Mit 66 Jahren da fängt das Leben an“ sang Udo Jürgens, ein Schlager, um die Brücke von der Vergangenheit zur Zukunft zu schlagen. Kurz gerechnet: 2039 erreiche ich dieses Alter, AS ein Jahr später und CL ist 2045 dran. Im Wohlstandskapitalismus war (und ist es im Moment noch) der Zeitpunkt, wo es dann tatsächlich losgehen konnte - Arbeitsleben vorbei, jetzt die Flugreise nach China, Australien/Neuseeland, Ski fahren in Canada, Wohnmobiltour durch USA, immer wieder Griechenland, Kanaren, Kreuzfahrt vielleicht? Das ganze Jahr Urlaub – Sommer wie Winter. Daneben endlich die alte Küche renovieren, ein neues Auto, Wohnmobil, Flat-Screen-TV – und mit 77 Jahren ist noch lange nicht Schluss. Das ist das Wirtschaftswunder-Altersdasein, welches ohnehin nur für eine recht kleine Gruppe in Deutschland funktioniert(e) aber doch als Ziel-Maßstab zu gelten scheint - der Boom der Kreuzfahrten, diese auch für „Otto-Normalverbraucher“ erreichbar zu machen, zeigt dies. Ich gehe davon aus, dass eine solche Prognose für mich 2039 nicht mehr gelten wird (und nicht nur, weil ich das so nicht will).

    Zurück zum Ist-Stand.

    Die mir zugängliche aktuelle Berichterstattung deutet daraufhin, dass Deutschland mit der aktuellen Politik die Pariser Klimaziele einer 1,5°-Welt bis 2025 nicht erreichen wird [als Beispiel Stellungnahme für die öffentliche Anhörung zum Thema "Kohleausstieg" im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages von Prof. Dr. Volker Quaschning, 15.05.2019]. Damit reden wir von ernsteren Prognosen schon weit vor 2100 und damit auch viel weiter in unserer eigenen Biografie. Wenn man die Berichte über neue wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahre verfolgt, dann habe ich keine neue Studie gesehen, die Entwarnung gegeben hat. Tenor war immer „Oops, Arktiseis schmilz schneller als erwartet“, „Oh, jetzt doch auch mehr Methan als vermutet“, „Ihm, vielleicht waren die bisherigen Prognosen zu konservativ“. Vor diesem Hintergrund muss ich leider fürchten, dass 2100 schneller kommt, als gedacht. [als Beispiel: Independent: ‘High likelihood of human civilisation coming to end’ by 2050, report finds, 04.06.2019]

    Disclaimer 1: Ich schreibe das als weißer, männlicher Mensch im Mittelstand, also prinzipiell überprivilegiert. Das passt dann aber auch wieder zu CL und AS, die ich im gleichen Spektrum verorten würde.
    Disclaimer 2: Diesen Text würde ich eher als Fragment und nicht veröffentlichenbar ansehen. Aber ich bin kein Profischreiber und werde nicht dafür bezahlt. Wenn ich an diesen Gedanken ein paar Tage arbeite oder diese zeitbedingt auch mal länger liegen lassen muss, dann haben sie sich schon wieder durch aktuelle Ereignisse überholt. Mir ist also klar, dass an allen Ecken und Enden Begründungen und Argumente, Quellen und Fakten besser ausgebaut werden müssten. Dazu fehlt mir die Zeit. Als Stimmungsbild wird das rückblickend aber dennoch taugen.

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